Verbesserungen der Energieeffizienz bestehender Gebäude bedeuten Eingriffe, die auch die bis dahin gegebenen bauphysikalischen Eigenschaften verändern. Lesen Sie hier, wie Sie unter anderem mit möglichen Wärmebrücken umgehen sollten. Klaus Fritzen
Es wird hier davon ausgegangen, dass die energetische Gebäudeerneuerung solide geplant ist. DIN 4108 und EnEV sind die zugehörigen bauphysikalischen und rechtlichen Grundlagen. Daneben sind weitere, gewichtige bauphysikalische Aspekte zu berücksichtigen. Für den Wohnbau häufige Anforderungen werden hinweisend angesprochen.
Wärmebrückenbetrachtungen vermeiden Feuchteprobleme
Die Vorschriften bieten mehr oder minder pauschale Verfahren für die Wärmeenergiebedarfsermittlung, die bei bestehenden Gebäuden für das Gesamtgebäude durchaus als ausreichend (nicht als gut!) zutreffend betrachtet werden können, zumal die Bausubstanz oft nicht bis ins letzte Detail aufgeklärt werden kann. Weiter wird davon ausgegangen, dass für Dämmungen in der Fläche auch die Nachweise zum Feuchteschutz geführt sind oder offensichtlich nicht notwendig sind, zum Beispiel wenn außen eine hinterlüftete Fassadenbekleidung mit diffusionsoffener Dämmung aufgebracht wird.
Problematisch können Wärmebrücken werden, deren Wirkung sich durch die zusätzliche Dämmung vergrößert und vorher mangelfreie Bereiche in einen Zustand überführen können, der nach der Dämmverbesserung Tauwasser und Schimmelbildung bewirkt. Daher sollten für alle rechtwinklig zu Außenbauteilen einbindenden Innenbauteile wie Wände und Decken, insbesondere nach außen durchlaufende Balkonplatten und Flügelwände sowie Übergänge vom Keller/Bodenplatte zum beheizten Erdgeschoss Wärmebrücken-Nachweise bezüglich des Tauwasserschutzes geführt sein, wenn diese außen nicht konsequent "überdämmt" sind. Vorher kritisch hinterfragen scheint angeraten, um Sanierungen der Sanierung zu vermeiden. Bei Innendämmungen sind die Gefährdungspotenziale besonders hoch.
Beiblatt 1 zu DIN 4108-6 enthält für Standardsituationen einen Katalog mit Wärmebrückenkennwerten, der jedoch allenfalls für auf den neueren Baubestand zutreffende Situationen Beispiele bietet. Bei erkennbar kritischen Situationen muss zu einer Wärmebrückenberechnung geraten werden, wenn sich nicht in anerkannten, weiteren Wärmebrückenkatalogen zutreffende Kennwerte finden lassen.
Feuchteschutz aus Bewitterung und Holzschutz eingehalten?
Bei allen Außenbauteilen ist der Feuchteschutz gegenüber äußeren Bewitterungen einzuhalten. Bei Dächern über ausgebauten Dachgschossen sind die Fachregeln des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), bei Fassadenbekleidungen die des Bundes Deutscher Zimmermeister (BDZ) zusätzlich zu den Regelungen von DIN 4108 (Schlagregenbeanspruchung) und gegebenenfalls DIN 68 800 (Holzschutz) einzuhalten. Zumindest sollten die vorgebenen Planunterlagen die Einordnung der jeweiligen Baumaßnahme in eine der Schlagregenbeanspruchungsgruppen enthalten.
DIN 4108 und DIN 68 800 sind bauaufsichtlich als ETB (Eingeführte Technische Baubestimmung) Bestandteil des geltenden Baurechts. Die Fachregeln stellen offiziöse Fachmeinungen dar, die gerne im Streitfalle zitiert werden. ETB sind stets einzuhalten, die Einhaltung der Fachregeln kann dringend empfohlen werden.
Schallschutz stets überprüfen
Auf jeden Fall sollte bei Sanierungen über der Unerheblichkeitsgrenze eine Einstufung der von der Sanierung betroffenen Flächen in den gegebenen Lärmpegelbereich für Außenlärm nach DIN 4109 vorgenommen sein. Der Außenlärm kann sich seit der Gebäudeerrichtung verändert haben, zum Beispiel durch höheres Verkehrsaufkommen. Die Dämmmaßnahme kann das Luftschalldämmmaß verschlechtern (zum Beispiel bei Hartschaumdämmungen möglich) und zusätzliche Befensterungen können eine Verschlechterung des Schallschutzes bewirken. Veränderungen von Dachdeckungen, zum Beispiel Blechdachdeckung statt Ziegel/Betondachsteine zwecks Dachleichterung, können zu Minderungen des Schalldämmmaßes sowie zu zusätzlichen "Trommeleffekten" bei Regen führen. Auch Hartschaumsandwichelemente unter Dachdeckungen neigen zu dem "Trommeleffekt".

Mit dem Bauherrn sollte entweder ein definiertes, mindestens zu erreichendes Schalldämmziel (Mindestanforderungen nach DIN 4109 müssen auch ohne Vereinbarungen erreicht werden!) vereinbart sein, oder es sollte eine bis aufs letzte Detail vertraglich vorgeschriebene Konstruktion vorgegeben sein. Bei vorgegebener Planung sollte bei nicht vorliegenden Schallschutznachweisen der Bauherr vorsorglich auf die Notwendigkeit des mindestens ordnungsgemäßen Schallschutzes schriftlich hingewiesen werden.
Der Schallschutz ist nachträglich am Bauwerk überprüfbar, daher muss nicht unbedingt ein rechnerischer Nachweis vorliegen. Im Streitfalle kann durch Messungen nachgewiesen werden, ob der notwendige Schallschutz eingehalten ist oder nicht. Zu einem rechnerischen Nachweis vor der Ausführung muss dringend geraten werden, um äußerst aufwändige Nachbesserungen im Nachhinein zu vermeiden.
Brandschutz wird durch Sanierung angetastet
Auf jeden Fall sollten die Anforderungen an den Brandschutz bei baulichen Veränderungen differenziert festgestellt sein. Dämmmaßnahmen können den bisher durch die Bausubstanz gegebenen Brandschutz negativ verändern. Dämmmaßnahmen können eine Veränderung der brandschutztechnischen Einstufung der betroffenen Bauteile nach sich ziehen. Veränderungen der Befensterungen, auch im Dach, Verminderung der Grenzabstände und Nutzungsänderungen können brandschutztechnische Neueinordnungen begründen. Beim Ersatz von Dachdeckungen aus mineralischen Baustoffen durch Blech oder brennbare Kunststoffe können sich Veränderungen der Feuerwiderstandseigenschaften und der Löschbarkeit ergeben.
Bei Außendämmungen an Fassaden ist die Verwendbarkeit von brennbaren Werkstoffen, von brennend abtropfenden Werkstoffen, von Dämmstoffen mit einem Schmelzpunkt unter 1000 °C sowie die Brandweiterleitung über die Fassadenbekleidung und deren Unterkonstruktion einchließlich der Öffnungssituationen zu überprüfen.
Bei Innendämmungen ist zumindest zu überprüfen, ob die gegebene Konstruktion den aktuellen Brandschutzanforderungen genügt. Sollte dies nicht der Fall und die Unerheblichkeitsgrenze überschritten sein, so sind die aktuellen Anforderungen zu erfüllen.
Auch an Abseitenwände und Decken unter Speichern/Dachböden bestehen in höheren Gebäudeklassen Anforderungen an den baulichen Brandschutz.
Bei Veränderungen der Bedachungen (auch beim Umdecken von Altdächern) von gereihten Gebäuden ist der Feuerüberschlagsbereich entsprechend den aktuellen Brandschutzbestimmungen herzurichten (nichtbrennbare Dachlattung, Ausfüllung der Hohlräume mit nichtbrennbaren Baustoffen und Ähnliches).
Die Brandschutzbestimmungen sind in den LBO’en (Landesbauordnungen) stark unterschiedlich geregelt. Gegebenfalls müssen die Nachweise vorliegen. Ob der Fall der Nachweisnotwendigkeit gegeben ist, lässt sich nur anhand der LBO-Regelungen feststellen.
Bei vorgegebener Planung sollte bei nicht vorliegenden Brandschutznachwei sen der Bauherr vorsorglich auf die Notwendigkeit des mindestens ordnungsgemäßen Brandschutzes schriftlich hingewiesen werden. Plant der Handwerker die Sanierung selbst, so ist er gut beraten die Einhaltung der Brandschutzanforderungen akribisch zu überprüfen und die Nachweise der Einhaltung zumindest schriftlich zu dokumentieren und dem Bauherrn zu überlassen. In nicht wenigen Fällen wecken die durch die Verbesserung der Energieeffizeinz gegebenen Veränderungen die amtliche Pflicht zur Genehmigung.
Weit mehr als U-Werte zu beachtenund zu betrachten
Der knappe Überblick zeigt, dass Verbesserung der Wärmedämmung weit mehr bedeutet als das, was Schwarzarbeiter und Do-it-yourself-Märkte suggerieren und wohl die Mehrzahl der Bauherren zunächst glaubt. Schon bei freistehenden Einfamilienhäusern kann die Verminderung des Mindestgrenzabstandes zu gravierenden Veränderungen der brandschutztechnischen Anforderungen an die Bauteile führen. Bei Dachgeschossausbauten und Aufstockungen liegen Nutzungsänderungen vor und selbst bei der Dämmung der obersten Geschossdecke gegen den unbeheizten Speicher kann es Brandschutzanforderungen geben. Die kleine Checkliste will für den Wohnbau eine Anregung und Hilfe bieten, ohne Anspruch auf umfassende Vollständigkeit zu erheben.
Im Wettbewerb auch mit "erfahrener Verwandtschaft" oder Schwarzarbeitern stehen das Handwerk und die Planer vor dem Problem, dass die Problematisierung der umgebenden Bauphysik im Rahmen von
Wärmedämmmaßnahmen oft auf Unverständnis seitens der Bauherren stößt. "Das machen ,die Anderen‘ doch auch so und so und keiner sagt was!". "Die Anderen" sind bisweilen auch Handwerksbetriebe, die aus Unkenntnis oder wissentlicher Ignoranz zwecks Auftragsgewinnung das Haftungsrisiko durch bauliche Veränderungen abseits der vielfältigen Baubestimmungen auf sich nehmen. Dem Bauherrn ist dies oft im Interesse eines billigen Preises recht, zumal er in solchen Fällen den sehr einfachen Weg der erfolgreichen Klage gegen den ausführenden Handwerksbetrieb auf dem silbernen Tablett serviert bekommt.
Als probate Gegenmaßnahme sei ein Schreiben an den Bauherrn vorgeschlagen: "Lieber Bauherr, Ihre ins Auge gefassten Baumaßnahmen zur energetischen Verbesserung des Gebäudes xy bedürfen einer umfassenden baurechtlichen Einordnung und Planung bezüglich der Zulässigkeit und der bauphysikalischen Funktionstüchtigkeit. Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass in Ihrem eigenen Interesse zumindest die Genehmigungsfähigkeit der Maßnahmen nachgewiesen sein muss. Gerne sind wir Ihnen behilflich, diese herzustellen. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass Sie jenseits der Bauvorschriften Interesse an einer mangelfreien Leistung auf der Grundlage von Nachweisen haben. Unser Angebot enthält daher die zusätzlichen Nebenangebote...".