Die konjunkturelle Entwicklung im Bauhauptgewerbe ist laut Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) derzeit von viel Unsicherheit geprägt. Trotz nach wie vor hoher Nachfrage und großem Bedarf an Bauleistungen bewirken gestörte Lieferketten, Material- und Energiekosten, Fachkräftemangel und allgemeine wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine Eintrübung der Aussichten für das kommende Jahr.
Blickte der ZDB noch Ende des Jahres 2021 mit einem realen Umsatzrückgang von 6 % noch sehr optimistisch auf die Baukonjunktur des Jahres 2022, für das ein reales Wachstum im Umsatz des Bauhauptgewerbes von +1,5 % prognostizierte wurde. Heute – ein Jahr später – sieht die Welt anders aus. Für das ablaufende Jahr 2022 rechnet der ZDB nun mit einem Umsatz im Bauhauptgewerbe von knapp 158 Mrd. Euro, was einem nominalen Zuwachs um 9 %, aber einem realen Rückgang um 5,5 % entspricht.
Die Gründe hierfür: Die Materialkosten verharren weiter auf historisch hohem Niveau. Sie sind auch Treiber der Preisentwicklung für Bauleistungen. Für den gesamten Jahresverlauf 2022 rechnet der ZDB mit einer Preissteigerung für Bauleistungen von insgesamt gut 15 %. Zudem seien den Bauunternehmen zum Jahresbeginn 2023 neuerlich Preiserhöhungen für Baumaterial angekündigt. Der Druck auf die Baupreise bleibe damit hoch, auch wenn die Dynamik der Preisentwicklung nachlassen werde. Für 2023 rechnet der ZDB im Jahresverlauf mit einer Preiserhöhung für Bauleistungen von 5,5 %.
Der Mix aus steigenden Bau-, Finanzierungs- und Lebenshaltungskosten schlage zunehmend auf die Nachfrage nach Bauleistungen durch. Die Baukonjunktur verliere an Schwung. Die Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft hätten sich markant verschlechtert und trübten die Aussichten für die Baukonjunktur 2023 deutlich ein. Das spiegele auch eine Verbandsumfrage im Herbst 2021: Demnach überwiegt bei der Beurteilung der gegenwärtigen Geschäftslage der Anteil der Unternehmen, die sie positiv beurteilen (33 %) gegenüber denjenigen, die sie negativ beurteilen (25 %). Etwa 42 % der Unternehmen sehen zumindest eine befriedigende Geschäftslage. Die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung in den nächsten sechs Monaten reißen demgegenüber regelrecht ab: Über 60 % aller rückmeldenden Unternehmen gehen von einer Verschlechterung der Geschäftsentwicklung in den nächsten sechs Monaten aus. Dies betrifft insbesondere die Geschäftserwartungen im Wohnungsbau.
Der Wohnungsbau wird vom Stützpfeiler zum Sorgenkind

Insbesondere im Wohnungsbau kommt es nach den derzeitigen Rahmenbedingungen zu einer deutlichen Unterauslastung der in den letzten Jahren aufgebauten Kapazitäten, prognostiziert der ZDB. Die Unternehmen gerieten damit in ein Spannungsfeld. Eine im Grunde intakte, aber eingebremste Nachfrage nach Bauleistungen erhöhe wieder den Wettbewerbsdruck auf die Unternehmen. Der Kapazitätsaufbau in Personal und Geräte gerate ins Stocken. Der ZDB warnt deshalb: „Es droht die Gefahr, dass der Beschäftigtenstand 2023 nicht gehalten werden kann….Wenn es nicht gelingt, die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen zu stabilisieren, wird erstmalig seit 2009 wieder die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe sinken.“
Der Wirtschaftsbau liegt laut ZDB insgesamt um ca. +11 % über dem Vorjahresniveau, real jedoch liegen die Umsätze per September 2022 um ca. 6 % unterhalb des Vorjahresniveaus. Im Bereich des Wirtschaftshochbaus setzte sich eine ambivalente Nachfrageentwicklung fort. Die Nachfrage nach Lagergebäuden bleibe aufwärtsgerichtet. Die Nachfrage nach Gewerbebauten zeige seit dem 2. Quartal einen rückläufigen Trend. Nominal liegen die Order insgesamt noch bei +9 %; real bei ca. -7 %. „Für 2023 rechnen wir mit einem realen Rückgang beim Umsatz im Wirtschaftsbau um 6 %, was bei der veranschlagten Preisentwicklung von 5,5 % einem nominalen Rückgang um 1 % entspricht“, so der ZDB.
Im öffentlichen Bau wurden bis zum dritten Quartal 2022 in den Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten ca. 24,3 Mrd. Euro umgesetzt; davon ca. 4,6 Mrd. Euro im Hochbau (+6,2 %) und 19,7 Mrd. Euro im Tiefbau (+10 %). Nominal liegt der Umsatz im öffentliche Bau insgesamt damit um ca. +11 % über dem Vorjahresniveau, real liegen die Umsätze per September um gut 5 % unterhalb des Vorjahresniveaus.
Die Order der öffentlichen Hand im Hochbau haben im Jahresverlauf 2022 erkennbar zugelegt. Per September liegen die Order um nominal 19 % über dem Vorjahresniveau. Hier dürften sich Nachholeffekte der Investitionstätigkeit der Kommunen niederschlagen. Angesichts der schwierigen Lage der öffentlichen Kassen sei aber zu befürchten, dass die Kommunen ihre Investitionen 2023 nicht wie von ihnen prognostiziert um 3,5 % ausweiten können.