Dr. Lutz Weber, Gruppenleiter Bauakustik beim Fraunhofer-IBP in Stuttgart, erläutert die Schwierigkeiten bei der Erzeugung von realitätsnahem Trittschall im Labor.
Bei allen genormten Trittschallmessungen - gleichgültig ob es sich um die Trittschalldämmung einer Decke oder die Trittschallminderung einer Deckenauflage handelt - wird zur Geräuschanregung das in DIN EN ISO 140-6 beschriebene Norm-Hammerwerk verwendet. Das Hammerwerk besteht aus fünf nebeneinander angeordneten Hämmern mit einer Masse von je 500 g, die abwechselnd aus einer Höhe von 40 mm senkrecht auf die Decke herabfallen. Zur Betätigung der Hämmer dient eine motorisch betriebene Drehachse mit Exzenterscheiben, welche die Hämmer zunächst anheben und dann in freiem Fall auf die Decke herabfallen lassen. Der Zeitabstand zwischen zwei aufeinander folgenden Schlägen liegt bei 100 ms. Die zylindrischen Hammerköpfe bestehen aus gehärtetem Stahl und weisen an der Schlagfläche eine sphärische Rundung mit einem Durchmesser von 500 mm auf.

Das Norm-Hammerwerk erzeugt ein gleichförmiges, gut messbares und reproduzierbares Signal. Der Schallpegel ist so hoch, dass im Allgemeinen auch unter schwierigen Bedingungen (d. h. bei Decken mit hoher Trittschalldämmung und bei Einwirkung von Fremdgeräuschen) mit hinreichender Genauigkeit gemessen werden kann. Ein entscheidender Nachteil besteht jedoch darin, dass sich die Geräusche des Hammerwerks grundlegend von üblichen Gehgeräuschen unterscheiden (siehe Graphik). Wegen der Verschiedenartigkeit der Spektren lässt der mit dem Hammerwerk gemessene Norm-Trittschallpegel keinen direkten Rückschluss auf die Höhe wohnüblicher Geh- und Nutzungsgeräusche zu!

Man könnte nun denken, das Problem ließe sich auf einfache Weise lösen, indem man zum Norm-Trittschallpegel ein rechnerische Korrektur zur Anpassung an übliche Gehgeräusche addiert. Leider ist dies nicht ohne weiteres möglich, da sich die akustische Impedanz des Hammerwerks stark von der eines menschlichen Gehers unterscheidet. Die Wechselwirkung zwischen Quelle und angeregter Struktur hat deshalb zur Folge, dass die Differenz zwischen Hammerwerk und Gehanregung in starkem Maße vom Deckenaufbau abhängt. Man würde deshalb für jede Deckenkonstruktion eine andere Korrektur benötigen, was selbstverständlich nicht praktikabel wäre.
Aus diesem Grund konzentrieren sich die Überlegungen zur Verbesserung des Messverfahrens vor allem auf die Entwicklung neuartiger Anregungsquellen, die Gehgeräusche besser nachbilden als das Norm-Hammerwerk. Einige Beispiele für solche Quellen sind im Foto oben dargestellt:

Beim modifizierten Norm-Hammerwerk wird zwischen die Hämmer und die Decke - bei gleich bleibender Fallhöhe - eine Elastomerunterlage mit genau definierten mechanischen Eigenschaften gelegt. Auf diese Weise wird eine gute Anpassung an das Frequenzspektrum menschlicher Gehgeräusche erreicht. Ein Nachteil besteht jedoch in dem vergleichsweise niedrigen Geräuschpegel, der die Trittschallmessung in der Praxis erheblich erschwert. Außerdem steht für die Unterlage bislang kein geeignetes Material zur Verfügung, das über die erforderliche Reproduzierbarkeit und Dauerhaftigkeit (langfristig gleiche Produkteigenschaften) verfügt.

Die koreanische Bang Machine nach KS F 2810-2 besteht aus einem gummibereiften Rad mit einer Masse von 7,3 kg, das an einem drehbaren Arm befestigt ist und aus einer Höhe von 830 mm auf die Decke herabfällt. Nach dem Aufprall wird der Arm durch einen Motor wieder in die Ausgangsposition zurück befördert und der Vorgang beginnt von neuem (Zeitdauer zwischen zwei Schlägen ca. 1,7 s). Da die Anregung in Form einzelner Geräuschimpulse erfolgt, wird statt eines zeitlich gemittelten Wertes der Maximalpegel gemessen, was sich negativ auf die Messgenauigkeit auswirkt. Außerdem hängen die Ergebnisse in starkem Maße von Parametern wie z. B. dem Reifenfülldruck und der Beschaffenheit des Reifens ab. Im Fraunhofer-Institut für Bauphysik wurden für zwei Exemplare der Bang Machine unter ansonsten gleichen Bedingungen Pegelunterschiede von mehr als 10 dB ermittelt - ein für eine genormte Anregungsquelle völlig inakzeptables Ergebnis.

Der Gummiball besteht aus einer Hohlkugel mit einem Durchmesser von 180 mm und einem Gewicht von 2,5 kg. Seine akustisch maßgebenden Eigenschaften, wie z. B. Materialbeschaffenheit und Rückprallkoeffizient, sind in DIN EN ISO 140-11, Anhang F vorgegeben. Beim Anregungsvorgang trifft der Ball aus einer Fallhöhe von 100 cm auf die Decke auf. Das akustische Verhalten entspricht in etwa dem der Bang Machine.
Die vom modifizierten Norm-Hammerwerk und der Bang Machine erzeugten Geräusche sind in obiger Graphik am Beispiel einer Stahlbetondecke dargestellt. Abgesehen von der Pegelhöhe, die für die Korrelation zwischen den Trittschallquellen ohne Bedeutung ist, stimmt der Frequenzverlauf der Messwerte recht gut mit realen Gehgeräuschen überein. Bei der Bang Machine sind die Geräuschanteile unter 100 Hz im Vergleich zu menschlichen Gehern allerdings deutlich stärker ausgeprägt.
Neben ihrem unbestreitbaren Vorteil - der guten Nachbildung menschlicher Gehgeräusche - weisen alle beschriebenen Quellen erhebliche praktische Nachteile auf. Welche Quelle zukünftig für genormte Trittschallmessungen Verwendung finden wird, ist deshalb derzeit noch offen. Eine weiteres Problem bei der Nachbildung wohnüblichen Trittschalls besteht in der großen Bandbreite der auftretenden Geräusche - von der Anregung durch Gehen über das Rücken von Stühlen bis zum Herabfallen von Gegenständen. Selbst wenn man sich auf Gehgeräusche als die häufigste Ursache von Trittschall beschränkt, verbleibt noch immer ein breites Spektrum von Geräuschen, da die Gehschallanregung von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren, wie z. B. der Art des Schuhwerks sowie Gewicht und Motorik der gehenden Person abhängt (siehe nebenstehende Graphik).
