Holzfaserdämmstoffe - Sowohl für die raumseitige Dämmung von Außenwänden als auch für den Fassadenbereich gibt es inzwischen ausgereifte Lösungen aus Holzfaserdämmplatten mit der Möglichkeit, sie direkt zu verputzen. Sabine Groeneveld beschreibt Vorzüge und technische Möglichkeiten einer erklärungsbedürftigen Produktgruppe.
Holzfaserdämmstoffe haben eine lange Tradition als Baustoff. Sie wurden aber erst seit Anfang der 90er Jahre als putzfähige Platte (Sandwichplatte) für den Innen- und Außenbereich entwickelt. Bei bis ca. 20% gewichtsbezogener Wasseraufnahme wird ihre Wärmeleitfähigkeit nicht gemindert.
Unterscheidungsmerkmale
Holzfaserdämmplatten unterscheiden sich als
› homogene Platte
› Sandwich-Platte (unterschiedliche Rohdichten in einer Platte)
› in ihrer Rohdichte (ca. 190240 kg/m3)
› in ihren Zuschlagsstoffen
› in ihren Anwendungsbereichen (nicht jede Holzfaserplatte ist für jeden Anwendungsbereich geeignet)
› in ihrer Konsistenz als flexible Matte oder als druckbelastbare oder putzfähige Platte
Als homogen bezeichnet man Platten, die in einer Rohdichte hergestellt sind.
Die patentierten Sandwichplatten haben unterschiedliche Rohdichten und sind nachweislich leistungsfähiger in ihrem Feuchteverhalten und Spannungsabbau. Holzfaserplatten haben je nach Rohdichte und Herstellung unterschiedliche Wärmeleitfähigkeitsklassen, µ-Werte und Schallabsorptionswerte.
Putzträgerplatten auf Holzfaserbasis gibt es mit stumpfer Kante oder mit Nut- und Federverbindung. Eine Sandwichplatte mit Nut- und Federverbindung kann bis zu 4mm/m Untergrundbewegung ausgleichen.
Anwendungsbereiche
Mit druckbelastbaren und nicht druckbelastbaren Holzfaserplatten sowie flexiblen Holzfasermatten unterschiedlicher Fertigung finden sich für den Hochbau prinzipiell für alle Anwendungsbereiche geeignete Produkte außer für die Perimeterdämmung:
› im Dach (als Auf-, Zwischen- und Untersparrendämmung, als Wasser führendes Unterdach, als Flachdachdämmung);
› als Putzträgerplatte im Fassadenbereich (Holzständer, Vollholz, mineralischer Untergrund)
› als raumseitige Dämmung von Außenwänden (auf allen Untergründen, aber ggf. unter zu prüfenden Voraussetzungen);
› als Fußbodendämmung (Trittschall- und Wärmedämmung);
› für den Trennwandbereich;
› für Decken (unter und auf der Decke).
Raumseitige Dämmung von Außenwänden
Dämmmaßnahmen können je nach Anwendungsbereichen ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. Eine Innendämmung hat den Vorteil, dass der Innenraum schneller aufheizt und dass sie als nachträgliche Maßnahme besonders bei der Altbausanierung oft die einzige Möglichkeit bietet, eine Dämm-Maßnahme durchführen zu können (z.B. bei einer denkmalgeschützten Fassade).
Laut EnEV 2009 muss beim Einbau von innen liegenden Dämmschichten ein
U-Wert von 0,35 W/(m²·K) erreicht werden. Unter Umständen kann man im Einzelfall eine Befreiung von dieser Vorgabe beantragen. Aber:
Wie kann diese Vorgabe mit Holzfaserdämmstoffen erreicht werden? Putzfähige Holzfaserdämmplatten haben eine Wärmeleitfähigkeit von (Bemessungswert) λ=0,041 bis λ=0,049. Um allein rechnerisch den nach EnEV vorgegebenen U-Wert von 0,35 W/(m²·K) zu erreichen, müssen je nach Vorgabe des Bestands Dämmstoffdicken von 100mm und mehr eingesetzt werden.
Welche Voraussetzungen muss die diffusionsoffene Dämmung erfüllen?
Bei einer Innendämmung ist das Denken in Systemen von Materialkombinationen erste Voraussetzung. Das kann nur durch eine sorgfältige Planung und Ausführung erfolgen. Holzfaserprodukte können im Fachwerk sogar zu einer dauerhaft trockenen Wand beitragen.
Voraussetzung dafür ist aber eine luftdichte Ebene mit einer funktionierenden Dampfbremse. Prof. Stephan Winter empfiehlt den Faktor 510 als Orientierung für die Auslegung der sd-Werte für die Konstruktion. Im Holzbau lässt sich dies gut planen und ausführen. In der Regel findet man im Altbau aber keine homogenen Bauteile vor. Der Untergrund muss so ausgeglichen werden, dass keine Hohlräume hinter der Dämmebene entstehen. Empfehlenswert ist der Putzausgleich mit Lehm ohne Strohanteil im Kontaktbereich der Dämmplatte oder mit reinen Kalkputzen ohne Zementanteile.
Dampfbremsen sind nur bedingt nötig
Der Verzicht auf eine Dampfbremse wird von einigen konventionellen Putzanbietern ebenso wie von den meisten Lehmverarbeitern bei Dämmstärken bis zu 60mm als sicher eingestuft. Dennoch: Faktoren, wie z.B. der Aufbau der bestehenden Konstruktion (Wanddicke, Hohlräume usw.), Bewitterungsbedingungen, Restfeuchte usw. beeinflussen den Anfall der Tauwassermenge und deshalb ist es ratsam, mit dem Glaser-Verfahren für den Einzelfall Berechnungen durchzuführen.
Unberücksichtigt bei einer Standardberechnung nach Glaser bleibt das dynamische Feuchteverhalten die Verlagerung des Feuchtefeldes innerhalb der Konstruktion bei der diffusionsoffenen und kapillar aktiven Holzfaser. Dieses Phänomen kann von einem statischen Berechnungsverfahren allein nicht erfasst werden. Mit anderen Berechnungsverfahren, z.B. dem Fraunhofer WUFI-Verfahren, können diese Berechnungen unter Berücksichtigung der Aspekte der Feuchtedynamik über einen längeren Zeitraum präziser erfolgen. Bei extremen Wandaufbauten (z.B. bei sehr dicken Natursteinwänden) und in Regionen mit erhöhten Belastungen durch sehr feuchte Klimabedingungen und auf der Wetterseite der betroffenen Gebäude, lohnt sich in jedem Fall eine genauere Analyse.
Für ein Innenwand-Dämmsystem auf Holzfaserbasis mit Dampfbremsputz (80 µ) gibt es eine Werksgarantie von 15 Jahren (sofern von einem Fachbetrieb ausgeführt wird).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass konventionelle Hersteller und Vertriebsgesellschaften den Entwickler im Holzfaserputzbereich aufmerksam beobachten und zunehmend Holzfaserdämmsysteme in ihre Produktpalette als Ergänzung aufnehmen. Verarbeiter sollten sich in jedem Fall eingehend bei dem Anbieter erkundigen, ob Intensiv-Schulungen angeboten werden. Die Handhabung von Holzweichfaserplatten unterscheidet sich augenscheinlich vielleicht nur wenig von anderen Systemen. Spezialkenntnisse über die Materialeigenschaften und Besonderheiten bei der Verarbeitung sind aber Voraussetzung für eine fehlerfreie Ausführung, wenn man an den Eingriffen von Konstruktionsaufbauten zur Erfüllung der EnEV beteiligt ist.