Nivelliertechnik - "Estrobot" heißt eine Marktneuheit, die die herkömmlichen Abziehlehren ersetzt und das mühsame Knien bei Estricharbeiten vereinfacht. Trockenschüttungen können damit in aufrechter Körperhaltung nivelliert werden.
Wer schon einmal Trockenestrich und Schüttungen eingebracht hat, weiß um die Probleme. Gerade wenn größere Flächen verlegt werden, bedeutet die Arbeit für den Monteur eine Tortur. Das Arbeiten auf den Knien und in gebückter Körperhaltung strapaziert Gelenke sowie Wirbelsäule und führt zu Beschwerden und manchmal auch zu bleibenden Schäden.
Ein typischer Alltag auf der Baustelle: Die Abziehlehren werden platziert, justiert und eingemessen. Ist der Bereich bearbeitet, werden die Lehren umgesetzt und der Schritt wiederholt sich. Je größer die Fläche, desto mehr Übergänge zum nächsten Arbeitsbereich sind zu vermeiden. Die Qualität des Ergebnisses ist stark von der Erfahrung des Monteurs abhängig. In kleineren Räumen oder bei einem Grundriss, der Nischen, Vorsprünge oder Säulen aufweist, gestaltet sich die Handhabung der langen Abziehlehren oft als schwierig bis unmöglich. Diese Bereiche werden in der Praxis mit der Wasserwaage und dem Glätter bearbeitet, da sie sonst nicht erreicht werden können. Laut Norm ist hier eine Abweichung von ± 2 mm pro Meter zulässig.
Im nächsten Arbeitsschritt werden die Trägerplatten auf die nivellierte Schüttung aufgebracht. Niveauschwankungen in der Oberfläche, die mit bloßem Auge nicht sichtbar waren, treten nun hervor. Die Platten liegen nicht richtig auf und wackeln, so dass nachgearbeitet werden muss. Durch Zugabe oder Abtragen von zu viel oder zu wenig Schüttung rücken die Trägerplatten mithilfe von Hammer und Kantholz in ihre endgültige Position, um dann miteinander verschraubt zu werden. Um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen, verfährt der gewissenhafte Monteur so mit jeder einzelnen Platte und kontrolliert sein Ergebnis mit der Wasserwaage, denn bei der Bauabnahme durch einen erfahrenen Architekten, der mit den Schwachstellen vertraut ist, bedeuten Abweichungen manchmal unangenehme Konsequenzen.
Wie so oft entstehen im Handwerk die guten und erfolgreichen Innovationen aus Herausforderungen im praktischen Alltagsgeschäft. Karl-Heinz Müller, selbstständiger Industrial-Designer mit langer Erfahrung im Bereich Innenausbau und Bodenverlegung, nahm die Klagen seiner Mitarbeiter zum Anlass, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen und Ideen zu entwickeln. Zielsetzung war die Optimierung des Arbeitsprozesses für den Monteur im Hinblick auf die Ergonomie sowie die Qualität, die im herkömmlichen Prozess trotz qualifizierter Kräfte manchmal unbefriedigend ist.
Ursprünglich als rein mechanisch funktionierendes Gerät gedacht, wurden zusammen mit Ingenieuren diverse Prototypen gebaut. In wettbewerbsähnlichen Testläufen mit Verlegemeistern namhafter Hersteller erreichten die Monteure mit dem neu entwickelten Gerät bereits eine Zeitersparnis von 60% mit einem qualitativ höheren Ergebnis. Hersteller und Vertriebe wurden hellhörig und traten mit der Firma in Kontakt. Karl-Heinz Müller entwickelte jedoch seine Ideen weiter und entwarf ein neues Konzept, das seinen Ansprüchen und seiner Zielsetzung vollends gerecht werden sollte. Er stellte sich vor, das Gerät durch eine elektromechanische Steuerung zu unterstützen, um so das Eigengewicht des Gerätes reduzieren und das Ergebnis noch weiter verbessern zu können.Überzeugt von der Idee und dem Potenzial des "Estrich-Roboters" unterstützte ab dieser Entwicklungsphase das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie das umfangreiche Projekt. In Kooperation mit zwei Hochschulen koordinierte das Unternehmen die Entwicklung von Sensorik der Bedieneinheit und Auswahl der Aktorik mit der Anpassung an die Mechanik sowie die ergonomische Gestaltung und die Designgebung.
Nach drei Jahren intensiver Entwicklungszeit entstand ein Gerät, das eine kleine Revolution im Estrichbereich auslösen könnte, der "estrobot". Demonstrationsveranstaltungen und ein Sonderstand auf der Internationalen Handwerksmesse in München 2010 brachten eine große Resonanz, die Müllers Erwartungen noch übertraf: "Schlichtweg überwältigend. Damit hatten wir nicht gerechnet!" Auch in Funk und Fernsehen wurde der "estrobot" vorgestellt. Selbst Kritiker ließen sich überzeugen, nachdem sie selbst mit dem Estrich-Roboter gearbeitet hatten.
Zwei namhafte Größen der Branche sind von dem Potenzial der Erfindung überzeugt und werden zukünftig das Unternehmen als Partner begleiten. WeGo ist der Vertriebspartner und nimmt das Gerät in den Produktkatalog auf. Xella stattet seine Außendienstmitarbeiter mit dem Estrich-Roboter aus, um fortan die Verarbeitung der Produkte mit dem neu entwickelten Nivelliergerät vorzuführen.
In seiner jetzigen Version ist der "estrobot" für das Verarbeiten trockener Granulate konzipiert. Aufgrund der vielen Anfragen, z.B. aus dem Garten- und Landschaftsbau, Sportplatzbau und Flachdachbau, wird das Gerät nach kleineren Modifikationen auch für diese Anwendungsbereiche verfügbar sein.