Die Ausbildungssituation im Trockenbau müsste flächendeckend verbessert werden. (Quelle: T+A)

AusbauNews 8. November 2022 Der Meisterbrief löst nicht alle Probleme!

Zum Editorial und dem Bericht „Trockenbau als Meisterhandwerk“ in der Print-Ausgabe Trockenbau und Ausbau 9-10/2022 schrieb uns Ausbauunternehmer Johannes Demmelhuber einen Leserbrief, in dem er auf tiefergreifende Grundlagen im Gewerk Trockenbau und seiner Ausbildungssituation hinweist und eine breitere Diskussion des Themas einfordert.

Ich habe meine Ausbildung zum Trockenbaumonteur im Jahr 1988 erfolgreich abgeschlossen und kann [….] zurückblicken auf eine Zeit mit vielen Höhen, aber eben auch Tiefen („Abgrenzungskämpfe“, „Abmahnungsschlachten“). Trotz allem hat sich der Trockenbau aber zum tragenden Leitgewerk im Ausbau entwickelt. Ohne das Gewerk Trockenbau ist heute kaum ein Bauprojekt – schon gar nicht die großen, komplexen – zu realisieren!

Ob uns allerdings nur die Politik mit ihren ordnungspolitischen Maßnahmen helfen kann, die Aufgaben und Herausforderungen der kommenden Jahre zu lösen, halte ich für fragwürdig. Denn die […] beschriebenen Probleme treten ja durchaus auch in anderen Gewerken der Anlage A auf! – Ich denke, dass wir Firmen und Unternehmen im Leitgewerk Trockenbau – egal ob groß oder klein, egal in welchem Markt und für welche Bauherrn und Kunden wir tätig sind – uns schon auch an die eigene Nase fassen müssen.

Ich möchte das am Beispiel der […] beschriebenen „Ausbildungsmisere“ verdeutlichen: Alle Betriebe und Gewerke, auch diejenigen in der Anlage A, klagen über fehlenden Nachwuchs. Das ist aber kein Wunder bei einer Abiturientenquote hier in Deutschland von knapp 40 Prozent. Wir stehen in einem brutalen Wettbewerb um junge Menschen. Und das Potenzial der jungen Leute, die überhaupt für eine handwerkliche Ausbildung in Frage kommen, ist stark begrenzt. Ehrlich gesagt sehe dabei nicht, wie ein „Platz in der Handwerksordnung“ uns da helfen sollte.

Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden. Ich bin nicht gegen eine Aufnahme des Trockenbaus in die Anlage A. Ich glaube nur nicht, dass sich damit unsere größten Probleme lösen lassen. Da braucht es schon einen viel breiteren Ansatz!

Welches Unternehmen ist denn grundsätzlich ausbildungsfähig und welcher Unternehmer auch ausbildungswillig? Da braucht es – angefangen von der regionalen Öffentlichkeitsarbeit, Präsenz in Schulen und Bildungseinrichtungen, Präsenz auf Ausbildungsmessen, das Anbieten von Schnupperlehrtagen/Praktika und Ferienarbeiten – auch fundierte Qualität der Ausbilder/innen und vor allem auch funktionierende Strukturen und Kompetenz im Betrieb (!) und bei den Bildungseinrichtungen (Berufsschule/Überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen). Hier fehlt es aus meiner Sicht an allen Ecken und Enden –  von der Meisterausbildung, den fehlenden Meisterkursen und der inhaltlichen Qualität gar nicht zu reden (von einigen löblichen Ausnahmen abgesehen).

Wo sind denn die modernen, kompetenten Ausbilder in den Betrieben? Wo sind denn die Lehrkräfte und Bildungswerkstätten, die wir interessierten Jugendlichen, die sich für eine Ausbildung im Trockenbau interessieren, zeigen könnten? – Berufsschulen? Meist viel zu weit weg von Zuhause! Überbetriebliche Bildungsstätten? Nicht einmal in jedem Regierungsbezirk eine! Unterricht und Inhalte sind meist nicht spezialisiert und fachspezifisch, sondern für einen Großteil der Ausbildung sehr allgemein, als „Ausbaufacharbeiter“ im Querschnitt mit anderen Berufsbildern. Wie wollen wir da junge Leute für eine Ausbildung im Leitgewerk Trockenbau begeistern?

Und: Wo sollen die zukünftigen Trockenbaumeister denn herkommen, wenn es in der Ausbildung schon grundlegend mangelt? In welchen Meisterschulen und von welchen Ausbildern sollen denn die kommenden Trockenbaumeister ausgebildet werden? Und auf welchem Kompetenz- und Qualitätsniveau? Ein Meisterbrief allein ist ja per se noch keine Qualitätsgarantie – das muss schon Substanz und Qualität vorhanden sein (einige Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel)! Die Meisterausbildung in Schmalspur mit anderen Inhalten und im Querschnitt mit anderen Berufsbildern – wie es heute in der Lehrlingsausbildung im Bau/Ausbau üblich ist – das kann ja wohl nicht unser Anspruch sein !

Fazit: Weder die Handwerksordnung noch die Politik bilden aus, sondern die  Unternehmen! Sie müssen sich entsprechend aufstellen! Das kostet enorm viel Kraft, Geld und Mühe. Aber ohne unternehmerisches Engagement geht es hier nicht. Die Ausbildungsmisere lösen wir nicht mit ordnungspolitischen Maßnahmen allein. Das ist ein Strohhalm, an dem wir uns klammern. Die Diskussion läuft aus meiner Sicht zu kurz, das müsste viel breiter diskutiert und angegangen werden.

Johannes Demmelhuber
Baierl + Demmelhuber, Töging

zuletzt editiert am 08.11.2022