Ein Mann hält einen Vortrag an einem Pult und spricht in ein Mikrofon.
Am 16. September wirft Prof. Dr. Tichelmann von der TU Darmstadt einen Blick in die Zukunft: Auf dem RM Forum Ausbau 2025 zeigt er, wie neue rechtliche Rahmenbedingungen das Bauen in Städten verändern und was das für die Trockenbaubranche bedeutet. (Quelle: Axel Clemens)

Veranstaltungen 2025-08-12T09:00:28.177Z Bauen ohne Flächenverbrauch? Ja, mit der Innovationskraft der Trockenbauindustrie!

Prof. Dr. Tichelmann ist Experte für Leichtbau, Trockenbau, Tragwerksentwicklung und nachhaltige Bauweisen. Im Interview erklärt er, wie Städte zukünftig wachsen, wie gesellschaftliche Akzeptanz für Nachverdichtung entsteht und welche Rolle die Trockenbaubranche dabei spielt.

Herr Dr. Tichelmann, am 16. September halten Sie auf dem RM Forum Ausbau in Stuttgart einen Vortrag mit dem Titel „Bauen ohne Flächenverbrauch– wie entstehen 2 Millionen Wohnungen ohne Bauland“. Das klingt fast ein wenig provokant. Wie soll das gehen? 

Das künftige Wertschöpfungspotenzial liegt auf den Dächern bestehender Gebäude, auf und in Parkhäusern, über Supermärkten, über Parkplatzflächen. Wer lernt, den Bestand als Bauland zu begreifen, erschließt sich ein gigantisches Marktsegment: Allein durch Aufstockung und Umnutzung könnten in Deutschland mehr als zwei Millionen neue Wohnungen entstehen – ganz ohne einen Quadratmeter Acker oder Wiese umzuwidmen.

Was bedeutet das für Bauunternehmen, insbesondere im Bereich Trockenbau?

Für Unternehmen heißt das: weniger Stahlbeton, keine Erdarbeiten, dafür mehr Montage, leichte Bauweisen und Trockenbausysteme, mehr Präzision, mehr „Plug-and-Play“, weniger Grundstücksspekulation. Wer heute ein Mehrfamilienhaus aus den 1960er-Jahren um ein bis zwei Geschosse erweitern kann, verdoppelt seine Mietrendite– ressourcenschonend, klimafreundlich und fördermittelkompatibel.

Durch Aufstockung wachsen Städte in die Höhe. In welche Richtungen wird in Zukunft gebaut?

Begreifen wir die Stadt als sich ständig wandelnden Organismus, lautet die Antwort: nach innen und nach oben – nur selten nach außen. Nach innen bedeutet: Brachen, eingeschossige Supermärkte mit ihren Parkplätzen und die vielen „Zahnlücken“ im Stadtraum werden hochwertig verdichtet. Nach oben entwickeln sich Stadtsilhouetten weiter zu „vertikalen Dörfern“. Der Leitsatz: „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ wird zur baukulturellen Selbstverständlichkeit.

Und der ländliche Raum? 

Wird auch genutzt – jedoch nicht als zersiedeltes Stakkato neuer Siedlungen, sondern durch behutsame Verdichtung bestehender Dörfer, kollektiv, energieautark und mit hoher baukultureller Qualität.

Verdichtungspläne lösen häufig Widerstände aus – teilweise nachvollziehbar. Wie fördern wir Akzeptanz für „Bauen ohne Flächenverbrauch“?

Akzeptanz wächst, wenn Menschen an Verdichtung und Veränderung partizipieren: Weniger versiegelte Fläche bedeutet mehr kühlendes Grün, höhere Aufenthaltsqualität, geringere Zerstörung natürlicher CO₂-Senken und am Ende mehr Klimaschutz. Ideeller und praktischer Mehrwert für Quartiere und ihre Bewohner entsteht, wenn aus Mitsprache Mitverantwortung wird.

Wenn höhere Dichte zu mehr Lebensqualität führt, wächst die Akzeptanz. Wien ist ein Vorbild – doppelt so hohe Einwohnerdichte wie München, Frankfurt oder Berlin und dennoch eine der lebenswertesten Städte der Welt. Akzeptanz entsteht dort, wo baukulturelle Verbesserung und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen.

Zurück zu den Bauunternehmen: Welche Trends geben der Trockenbau- und Ausbaubranche aktuell Rückenwind?

Leichtes und ressourcenarmes Bauen - auf, am und im Gebäudebestand - ist die Zukunft – darauf zielen auch künftige Förderprogramme von EU, Bund und Länder. Die Trockenbauindustrie kann hier viel leisten, weil sie nach wie vor eine große Innovationskraft besitzt. Außerdem gibt es rechtlichen Rückenwind: Immer mehr Bundesländer erleichtern das Bauen im und auf dem Bestand.  Mit neuen Wertschöpfungsketten werden recycelte-Gipsplatten zum Sekundärrohstoff; der Rückbau von Trockenbaukonstruktionen leistet einen bedeutsamen Beitrag zum Urban Mining. Womit wir wieder bei der Innovationskraft wären …

Vielen Dank Dr. Tichelmann. Wir freuen uns, auf dem RM Forum Ausbau im September mehr zu erfahren und sind gespannt auf den Austausch mit Ihnen! 

RM Forum Ausbau 2025: Das bedeutet Bauen ohne Flächenverbrauch für die Branche 

Am 16. September gibt Prof. Dr. Tichelmann auf dem RM Forum Ausbau 2025 Einblicke in seine Forschung und geht ausführlich darauf ein, welche Auswirkungen die aktuellen Veränderungen in der Baupolitik auf das Bauen und insbesondere auf die Trockenbau- und Ausbaubranche hat. Melden Sie sich jetzt an und diskutieren Sie mit!

Über den Referenten: 

Prof. Dr.-Ing. Karsten U. Tichelmann ist Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter der VHT GmbH – Institut für Leichtbau, Trockenbau und Holzbau, sowie Leiter des Fachgebiets Tragwerksentwicklung und Bauphysik an der Technischen Universität Darmstadt. Als renommierter Wissenschaftler und Unternehmer verbindet er innovative Forschung mit praxisorientierten Ansätzen in Planen und Bauen. Zahlreiche Publikationen und Auszeichnungen im In- und Ausland für seine Leistungen setzen Maßstäbe im Bereich des nachhaltigen Bauens.

Interview:

Pauline John
Redaktion Trockenbau und Ausbau

zuletzt editiert am 13. August 2025