Das Fachgebiet für Bauphysik an der TU Berlin sucht dringend Grundrisse von Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und Nichtwohngebäuden, die möglichst zwischen 2015 und 2025 gebaut worden sind. Mit Hilfe dieser Grundrisse möchten die Forschenden zukünftig anfallende Mengen an Dämmstoffabbruch abschätzen.
Diese Informationen liegen bisher nicht vor, sind aber wichtig, um Strategien für Dämmstoffrecycling zu entwickeln. Bisher werden Dämmstoffe in der Regel nicht rezykliert, sondern verbrannt oder deponiert. Die Beschaffung von Grundrissen ist schwierig, denn nur Eigentümerinnen und Eigentümer eines Gebäudes dürfen diese Pläne herausgeben. Weitere Informationen stehen auf der Homepage der Technischen Universität Berlin zur Verfügung.
Die Menge an verbauter Mineralwolle sowie anderen Dämmstoffen wird in Deutschland bisher nirgendwo erfasst. „Der Bund veröffentlicht zwar jährlich die neu gebaute Fläche, aber daraus lässt sich bisher kein statistisch verlässlicher Zusammenhang zur Masse der verbauten Dämmstoffe herstellen“, sagt Tanja Broszies, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet für Bauphysik der TU Berlin. Auch Hochrechnungen von Verkaufszahlen einzelner Dämmstoff-Hersteller werden nicht mehr veröffentlicht. Außerdem würden sie hier nicht weiterhelfen, da Mineralwolle auch in anderen Branchen wie im Schiff- und Anlagenbau verwendet wird.
3D-Modelle anhand von Grundrissen geben Aufschluss
„Unser Forschungsansatz ist es, anhand von Grundrissen einfache 3D-Modelle der Gebäude zu erstellen, an denen wir dann ablesen können, wo welche Mengen an Dämmstoffen verbaut worden sind“, erklärt Broszies. Wichtig ist, dass es sich um Grundrisse realisierter Projekte handelt und daher Informationen beinhalten, welche Bauteile wie gedämmt wurden. „Im Idealfall erhalten wir dazu auch Energienachweise oder Rechnungen, die Auskunft darüber geben, um welche Art Dämmstoffe es sich handelt.“ Mindestens 90 Gebäude verschiedener Typen wollen die Forschenden auf diese Weise analysieren, um ein statistisch verlässliches Gesamtbild für Deutschland entwickeln zu können.
Einfamilienhäuser besonders gesucht
„Gerade bei Einfamilienhäusern haben wir noch wenig Grundrisse, da diese im Gegensatz zu Mehrfamilienhäusern oder Bürogebäuden meist einzelnen Privatleuten gehören, die wir nur schlecht erreichen. Wir hoffen nun, dass diese vielleicht über die Medien von unserem Problem erfahren und uns gerne helfen wollen“, sagt Tanja Broszies. Sie versichert, dass alle Datenschutzrichtlinien streng eingehalten werden. So werden die Pläne nur auf Servern der TU Berlin gespeichert, die Pläne und 3D-Modelle anonymisiert und natürlich keine Informationen über die Pläne herausgegeben. „Es wäre auch möglich, einzelne Teile der Pläne mit gegebenenfalls privaten Angaben zu schwärzen, bevor sie bei uns eingereicht werden. Außerdem werden wir nach Beendigung des Projekts alle Pläne und Daten vernichten beziehungsweise löschen.“
Recycling-Strategien für Dämmstoffe werden dringend benötigt
Laut dem Statistischen Bundesamt werden in Deutschland mehr als 50 Massenprozent des Abfallaufkommens durch Bau- und Abbruchabfälle verursacht. In den kommenden Jahren ist mit einem rasanten Anstieg der anfallenden Massen an Dämmstoffabbruch zu rechnen. In zwei abgeschlossenen Forschungsprojekten zum Recycling von Mineralwolledämmstoffen – „LifeCycleKMF“ und „RemeltingMiwo“ – haben die Forscherinnen und Forscher festgestellt, dass der Aufwand für den Transport der Dämmmaterialien sowohl ökologisch wie ökonomisch ein wesentlicher Faktor dafür sein wird, ob sich Recyclingstrategien sinnvoll umsetzen lassen. „Aus diesem Grund ist ein zuverlässiges Prognosemodell für die künftigen Dämmstoff-Abfallmengen für den nachhaltigen Umgang mit zurückgebauten Dämmstoffen von großer Bedeutung“, erklärt die Leiterin des Fachgebiets Bauphysik, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Runa T. Hellwig. „Mit unserem Ansatz wollen wir eine wissenschaftlich fundierte Methode entwickeln, um künftige Dämmstoffströme prognostizieren zu können.“