Die Akustikdecke der Sankt-Michael-Kirche in Viernheim sorgt nicht nur für eine gute Verständlichkeit der Sprache und eine verzerrungsfreie Hörbarkeit der Musik im Gottesdienst. Sie gibt dem ovalen Kirchenraum auch eine freundlichere Optik und mit dem aus der Decke herausgearbeiteten Engel eine ganz neue Gestaltung. (Foto: OWA)
Bereits im Oktober 2011 erforderten gravierende Mändel praktisch von einem Tag zum anderen die Schließung der Sankt- Michael-Kirche in Viernheim. Auslöser für das sofortige Handeln waren vor allem lose Lampenfassungen in der Decke, bei denen ein Herabstürzen nicht auszuschließen war. Der Viernheimer Ingenieur für Tragwerksplanung und Statik Dieter Bugert wurde mit den Planungen für eine Behebung der Probleme beauftragt. Er stellte im Rahmen seiner Untersuchungen weitere Mängel fest: „Relevant für die Sicherheit waren neben den Deckenlampen speziell die Zugangssituation zum Dachraum und die alte Elektroanlage in der Decke. Aber das Dach hatte zum Beispiel auch keine zeitgemäße Wärmedämmung, was dann zu dem Entschluss führte, alle Unzulänglichkeiten gemeinsam mit einer komplett neuen Unterdecke zu beheben.“
Zusätzlicher Charme dieser Lösung war die Möglichkeit, mit der Deckenerneuerung dem Kirchenraum auch optisch eine eleganter und freundlicher wirkende Fassung zu geben. Die alte Decke aus Holzwolle-Leichtbauplatten war nicht nur relativ dunkel und damit atmosphärisch drückend, sie war vor allem mit sichtbarer Unterkonstruktion verlegt worden, die ein diagonal orientiertes Rechteckmuster erzeugte – was im elliptischen Grundriss des Kirchenraums sehr unglücklich wirkte. Dieter Bugert schlug dagegen für die neue Decke eine fugenlose Ausführung vor.

Um den guten akustischen Komfort im großen Kirchenraum zu erhalten und speziell Nachhall oder Verzerrungen des gesprochenen Wortes zu minimieren, sollte die neue Akustikdecke eine Schallabsorption ähnlich wie der bisherige Aufbau besitzen. Das eingebaute fugenlose System (OWAplan S 7 aus dem Sortiment OWAcoustic premium) erreicht bei einer Abhängehöhe von 200 mm im Mittel einen NRC-Wert von 65 % bzw. αw = 60 % und bietet auch eine zusätzliche Sicherheit beim Brandschutz.
Bessere Akustik und hohes Bautempo dank großer Formate
„Nach meinem Eindruck, der auch von vielen Viernheimern bestätigt wird, ist die Raumakustik jetzt deutlich besser als vorher“, beschreibt Dieter Bugert das Ergebnis der Deckenerneuerung, mit der er zugleich ein völlig neues Gestaltungselement verwirklichte: Ein Höhenversatz in der Fläche assoziiert die Form eines großen Engels, der gleichsam schützend an der Decke über den Kirchenbesuchern schwebt. Technisch dient dieser Versatz der Aufnahme der Beleuchtungstechnik: Die flach in die Decke eingelassene Grund- und Notbeleuchtung wird hier durch verschiedene, verdeckt eingebaute Scheinwerfer ergänzt, die besondere Details der Kircheneinrichtung wie das Christus-Mosaik oder den Tabernakel spotartig beleuchten können.
Die gerundeten Formen des Engels und die Anschlüsse der Decke an die Ellipse der Kirchenwände gehörten neben der Größe der Deckenfläche von insgesamt etwa 600 m² zu den besonderen Herausforderungen bei der Montage, die Stuckateurmeister Edmund Scheidel aus Viernheim übernahm. „Zu Beginn unserer Arbeit war die alte Decke bereits ausgebaut, sodass die Stahlfachwerkträger des Dachs mit jeweils etwa 3 m Abstand offen lagen und mit ihren Flanschen den Montagegrund bildeten“, erinnert sich Edmund Scheidel. „Im ersten Schritt sind quer zur Trägerrichtung rund 1.200 lfd. Meter Weitspannträger und anschließend 100 mm Mineralwolle-Dämmung sowie die unterseitige Dampfsperrfolie eingebaut worden. Oberhalb der Weitspannträger haben wir zusätzlich mit 25 cm breiten Polystyrolstreifen gedämmt, damit die Träger nicht als Wärmebrücke innerhalb des Aufbaus wirken und zur Kondenswasserbildung führen.“
Nach diesen Vorbereitungen begann die Montage des Tragrostes für die Decke, der bei OWAplan aus CD-Profilen 60/27 sowie speziellen Kreuzverbindern besteht und mit Noniusabhängern abgehängt wird. Auf der Unterseite des Rostes wurden die Deckenplatten direkt verschraubt und im Kantenbereich umlaufend miteinander verklebt.
L-Winkel hilft bei markanter Auskragung der Unterseite
Im großen Kirchenraum von Viernheim arbeitete der Stuckateur vorwiegend mit dem großen Plattenformat von 2.400 × 1.200 mm, wodurch weniger Plattenstöße und ein schnellerer Baufortschritt erreicht werden konnten. Lediglich für Details und Anpassungen kamen die kleinen Platten mit 1.200 × 800 mm zum Einsatz. Auf die Platten und ihre nachgespachtelten Stöße wurden ein Malervlies und anschließend die systemzugehörige Putzbeschichtung Kraft Allegro M in Weiß aufgebracht. Besondere Sorgfalt verlangten die gekrümmten Anschlussfugen der Decke – zum einen an den Seitenwänden des elliptischen Kirchenraums und zum anderen am Deckenversatz für den Engel in der Mitte. „Die Ellipse ist nicht völlig gleichmäßig, so dass teilweise 2 bis 3 cm Toleranz auszugleichen waren“, beschreibt Edmund Scheidel die Arbeiten an den Wänden. „Beim Engel mit seinen Radien zwischen 13 und 17 m mussten wir die vorgestanzten UW-Profile schon sehr genau anlegen, damit er an dieser gut sichtbaren Stelle eine gleichmäßige und symmetrische Struktur bekam.“ Auch das Einmessen der vielen Lampen mit den entsprechenden Wechseln in der Unterkonstruktion war sehr anspruchsvoll.

wiederum aus dem System OWAplan, das für eine optisch klare Ausbildung an den Kanten jeweils etwa 5 bis 8 cm frei auskragt, wofür der Stukkateur einen speziellen L-Winkel einsetzte. Die Deckenmontage wurde vom Gerüst aus durchgeführt, was zwar ein bequemes Arbeiten ermöglichte, zugleich aber keine Sichtkontrolle von unten aus dem Kirchenschiff heraus zuließ. Erst nachdem die Decke komplett eingebaut und das Gerüst demontiert war, konnte der Gesamteindruck überprüft werden. Das Ergebnis zeigt, dass Projektleiter Hermann Scheidel und seine Mitarbeiter ganze Arbeit geleistet haben. Die Wandanschlüsse und der Engel präsentieren sich mit klaren Flächen und sauberer Linienführung, selbst die ca. 8 mm breiten Dehnfugen, die bei 600 m² Fläche natürlich erforderlich waren, sind aus dem normalen Betrachtungsabstand vom Boden aus kaum zu erkennen.
Ein besonderes Detail ließ sich der Planer Dieter Bugert dabei für den vorher wenig attraktiven und deutlich sichtbaren Ringanker einfallen: Er wurde in dezentem Hellgrau gefasst und mit einem Michaelsgebet gestaltet, das von der Form und Farbe der Mosaiken im Chorraum inspiriert ist. Das Besondere am Umbau von St. Michael liegt aber in den Terminen: Zwischen der Schließung und der Wiedereröffnung verging weniger als ein Jahr, in dem die komplette Planung, Finanzierung und Ausführung aller Arbeiten samt der Deckenerneuerung organisiert wurde. Bauen kann also auch schnell gehen.